Schlafstörungen und Covid-19 – Neue Studie

Schlafstörungen & Covid-19

Kann eine schwere Covid-Erkrankung zu Schlafstörungen führen? Dies scheint nun eine Kohorten-Studie eines Teams rund um Dr. Ziyad Al-Aly, Director des Clinical Epidemiology Center und Chief of Research and Education Service des Veterans Affairs St. Louis Health Care Systems mit US-Veteranen zu bestätigen. Jedoch ist das Ergebnis einfach auf die Masse übertragbar?

Eine amerikanische Studie mit US-Veteranen1 belegt, dass Schlafstörungen unter genesenen Covid-Patienten häufiger auftreten als bei Veteranen, die bis zum Studienende nicht an Covid-19 erkrankten.

Die Studie scheint die Annahme zu untermauern, dass eine Infektion mit Sars-CoV-2 sich auf lange Sicht gesehen auch auf die Psyche auswirken kann. Viele der Genesenen würden sogar noch ein Jahr nach ihrer Diagnose unter psychischen Problemen leiden.

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Die Studie

Um mehr über den Zusammenhang von Schlafstörungen und Covid-19 Erkrankungen zu erhalten, wurden 153 848 (2,46%) von 6 241 875 Veteranen, die

  • die Veterans Health Administration2 im Jahr 2019 aufgesucht hatten und
  • zwischen dem 1. März 2020 und dem 15. Januar 2021 mindestens ein positives Testergebnis für die Covid-19-Polymerase-Kettenreaktion (PCR) hatten,
  • sowie 30 Tage nach dem positiven Testergebnis am Leben waren.

untersucht. Der Beginn der Nachbeobachtung wurde als Datum des positiven Testergebnisses in der Covid-19-Gruppe festgelegt; Die Folgemaßnahmen endeten am 30. November 2021.

41% mehr Schlafstörungen

Im Ergebnis klagten nach Ablauf des Beobachtungszeitraumes unter anderem noch 41% an teilweise schweren Schlafstörungen. Die Studie scheint also die Annahme zu untermauern, dass eine Infektion auch eine langfristige Auswirkung auf die Psyche haben kann.

Das Forscherteam um Ziyad will erforschen, ob das Coronavirus das Gehirn direkt beeinflussen kann. Es gibt Vermutungen, dass eine Infektion Entzündungen und somit auch psychotische Symptome begünstigen kann.

„Entzündungen können die Funktionsfähigkeit des Gehirns auf verschiedene Weisen beeinflussen, zum Beispiel die Produktion von Serotonin. Dieses Hormon beeinflusst grundlegend den Schlaf und auch die Stimmung“

Maura Boldrini, Professorin für Psychiatrie am medizinischen Zentrum der Columbia Universität 3

Boldrini erklärt die erhöhte Anfälligkeit für psychische Krankheiten unter Covid-19-Genesenen mit einer Kombination aus biologischen und psychologischen Stressfaktoren.

Studienleiter Ziyad Al-Aly spricht jetzt bereits von chronischen Krankheiten.

„Die Krankheiten, über die wir sprechen, sind chronische Krankheiten, unter denen Menschen bis an ihr Lebensende leiden können“

Ziyad Al-Aly4

Fragen

Ob nun eine biologische oder psychologische Ursache maßgeblich für die Schlafstörungen ist, ist also aktuell noch nicht belegt. Wichtig ist daher bei einem Rückschluss auf die Ursache auf Basis dieser Studie folgende Gegebenheiten mit einzubeziehen:

  • Bei den Teilnehmern der Studie handelt es sich um Kriegsveteranen mit einem Durchschnittsalter von 63 Jahren. Hinzu kommt, dass ausschließlich Veteranen untersucht wurden, die in 2019 die Veterans Health Administration aufgesucht haben. Diese Einrichtung wird in der Regel von Veteranen aufgesucht, die unter überwiegend lebenslangen physischen und psychischen Folgen von Kriegseinsätzen zu leiden haben. Lt. Statistik des US Departement of Veterans affairs5, leiden zwischen 12% (Desert Storm) und 30% (Vietnamkrieg) aller Rückkehrer aus Kampfeinsätzen unter PTBS, häufig lebenslang, und sind somit auf Medikamente angewiesen. Dies bedeutet, dass es sich bei der untersuchten Gruppe ohnehin um Menschen handelt, die sehr anfällig für Schlafstörungen sind bzw. diese nur mit Medikamenten in den Griff bekommen. Wer die Veterans Health Administration aufsucht, hat in der Regel schon gesundheitliche Probleme.
  • „Grundsätzlich können alle schweren Erkrankungen zu PTBS verbunden mit Schlafstörungen führen.“6 Dr. Jenny Rosendahl7
    Ein potenziell starker Anstieg an Schlafstörungen kennzeichnet also jegliche Art von schweren Erkrankungen. Es wäre falsch anzunehmen, dies sei nun eine spezifische Entwicklung von an Covid-19 Erkrankten.
  • Gerade für bereits an PTBS vorerkrankte Personen, können schwere Krankheiten ein Trigger für ein Aufflammen von vielleicht auch schon überwunden geglaubten PTBS Erkrankungen sein. Das Einhergehen mit erhöhtem Drogenkonsum, Opioiden oder gar Suizidgedanken ist nicht selten eine weitere Folge davon, und ebenso keineswegs nur einer Covid 19 basierten Erkrankung zuzuordnen.
  • Die mediale Berichterstattung auch in den USA hat die Angst vor den Folgen einer Covid-19 basierten Erkrankung extrem geschürt. Dies hat sicher auch Einfluss darauf, dass Menschen, die ohnehin an Angststörungen leiden, wesentlich schneller in krankhafte Entwicklungen zurückfallen, als andere. Vor allem, wenn der öffentliche Duktus von Krieg gegen das Virus spricht. Dann verfallen Menschen, die einen echten Krieg mit körperlichen und geistigen Folgen überlebt haben, in einen besonderen Alarmmodus, wenn sie quasi erneut einen Krieg mit Folgen an Körper und Geist überleben müssen bzw. mussten.

Fazit

Noch wissen wir zu wenig, wo die tatsächlichen Ursachen für Ergebnisse, wie sie sich in dieser Studie zeigen, liegen. Aktuell gibt es meines Wissens noch keine wissenschaftliche Evidenz, dass die biochemische Struktur der verschiedenen Varianten des Corona Virus ursächlich verantwortlich für Schlafstörungen sein kann, und nicht die sich aus dem Erleben der Krankheit ergebenden psychischen Folgen wie z.B. PTBS.

Schlafstörungen bei an Covid-19 erkrankten US Veteranen 2

Covid 19 als Virus gesehen alleine verantwortlich für die in der Studie genannten Schlafstörungen zu machen, halte ich für verfrüht, als Trigger jedoch für extrem wahrscheinlich. Letzteres gilt jedoch für unzählige andere Krankheiten ebenso. Bei der obengenannten Studie läßt sich von der Studiengruppe auf Grund der Konstellation keineswegs auf die Allgemeinheit schließen.

Auch in 2020 gab es bereits eine Studie an der Oxford University8. Damals lag die Inzidenz für eine psychiatrische Diagnose (Angststörung, Schlafstörung und Demenz) nach einer auf Covid-19 basierenden Krankheit bei 18,1% vovon nur 5,8% eine Erstdiagnose darstellten. Stress, Angst aber auch psychische Vorerkrankungen sind auch lt. dieser Studie mögliche Ursachen.

Die eklatant höhere Rate an Schlafstörungen in der Veteranengruppe gegenüber der Gruppe in der Oxfort-Studie scheint mir eher ein Beleg dafür zu sein, dass eine Erkrankung durch Covid-19 Infektion bereits vorhandene schlafende oder präsente psychische Muster und Prägungen wieder aktiviert oder unterstützt.

Somit gilt für auftretende Schlafstörungen nach Covid-19 Erkrankung wie bei anderen Krankheiten auch, in der Therapie, bei Schlaf-Coachings wie auch bei ChronoCoachings vor allem zu klären, inwieweit zum einen bereits vor der Erkrankung durch den Virus Themen wie PTBS, Angststörungen, Depressionen vorlagen, auch wenn sie bereits überwunden zu sein schienen. Des weiteren gilt es herauszufinden, ob ggfs. das psychische Erleben der Krankheit begleitet von den medialen Begleitung der Pandemie eine Rolle bei den Schlafstörungen spielen kann.

Footnotes

  1. https://www.bmj.com/content/376/bmj-2021-068993
  2. https://www.ptsd.va.gov/understand/common/common_veterans.asp
  3. Quelle: https://www.businessinsider.de/wissenschaft/grosse-studie-zeigt-risiko-fuer-schlafstoerungen-steigt-nach-covid-19-um-41-prozentpunkte/
  4. https://www.bloomberg.com/news/articles/2022-02-16/mental-health-scars-stay-with-survivors-long-after-covid-battle
  5. https://www.ptsd.va.gov/understand/common/common_veterans.asp
  6. Quelle: https://www.spektrum.de/news/weiterleben-nach-schwerer-krankheit/1792274
  7. PD Dr. phil. med. habil. Jenny Rosendahl lehrt und forscht an der Universität Jena. Zu ihren Spezialgebieten zählen u.a. psychologische Interventionen nach lebensbedrohlichen Erkrankungen.
  8. https://www.thelancet.com/journals/lanpsy/article/PIIS2215-0366(20)30462-4/fulltext