Kann eine schwere Covid-Erkrankung zu Schlafstörungen führen? Dies scheint nun eine Kohorten-Studie eines Teams rund um Dr. Ziyad Al-Aly, Director des Clinical Epidemiology Center und Chief of Research and Education Service des Veterans Affairs St. Louis Health Care Systems mit US-Veteranen zu bestätigen. Jedoch ist das Ergebnis einfach auf die Masse übertragbar?
Eine amerikanische Studie mit US-Veteranen1 belegt, dass Schlafstörungen unter genesenen Covid-Patienten häufiger auftreten als bei Veteranen, die bis zum Studienende nicht an Covid-19 erkrankten.
Die Studie scheint die Annahme zu untermauern, dass eine Infektion mit Sars-CoV-2 sich auf lange Sicht gesehen auch auf die Psyche auswirken kann. Viele der Genesenen würden sogar noch ein Jahr nach ihrer Diagnose unter psychischen Problemen leiden.
Um mehr über den Zusammenhang von Schlafstörungen und Covid-19 Erkrankungen zu erhalten, wurden 153 848 (2,46%) von 6 241 875 Veteranen, die
untersucht. Der Beginn der Nachbeobachtung wurde als Datum des positiven Testergebnisses in der Covid-19-Gruppe festgelegt; Die Folgemaßnahmen endeten am 30. November 2021.
Im Ergebnis klagten nach Ablauf des Beobachtungszeitraumes unter anderem noch 41% an teilweise schweren Schlafstörungen. Die Studie scheint also die Annahme zu untermauern, dass eine Infektion auch eine langfristige Auswirkung auf die Psyche haben kann.
Das Forscherteam um Ziyad will erforschen, ob das Coronavirus das Gehirn direkt beeinflussen kann. Es gibt Vermutungen, dass eine Infektion Entzündungen und somit auch psychotische Symptome begünstigen kann.
„Entzündungen können die Funktionsfähigkeit des Gehirns auf verschiedene Weisen beeinflussen, zum Beispiel die Produktion von Serotonin. Dieses Hormon beeinflusst grundlegend den Schlaf und auch die Stimmung“
Maura Boldrini, Professorin für Psychiatrie am medizinischen Zentrum der Columbia Universität 3
Boldrini erklärt die erhöhte Anfälligkeit für psychische Krankheiten unter Covid-19-Genesenen mit einer Kombination aus biologischen und psychologischen Stressfaktoren.
Studienleiter Ziyad Al-Aly spricht jetzt bereits von chronischen Krankheiten.
„Die Krankheiten, über die wir sprechen, sind chronische Krankheiten, unter denen Menschen bis an ihr Lebensende leiden können“
Ziyad Al-Aly4
Ob nun eine biologische oder psychologische Ursache maßgeblich für die Schlafstörungen ist, ist also aktuell noch nicht belegt. Wichtig ist daher bei einem Rückschluss auf die Ursache auf Basis dieser Studie folgende Gegebenheiten mit einzubeziehen:
Noch wissen wir zu wenig, wo die tatsächlichen Ursachen für Ergebnisse, wie sie sich in dieser Studie zeigen, liegen. Aktuell gibt es meines Wissens noch keine wissenschaftliche Evidenz, dass die biochemische Struktur der verschiedenen Varianten des Corona Virus ursächlich verantwortlich für Schlafstörungen sein kann, und nicht die sich aus dem Erleben der Krankheit ergebenden psychischen Folgen wie z.B. PTBS.
Covid 19 als Virus gesehen alleine verantwortlich für die in der Studie genannten Schlafstörungen zu machen, halte ich für verfrüht, als Trigger jedoch für extrem wahrscheinlich. Letzteres gilt jedoch für unzählige andere Krankheiten ebenso. Bei der obengenannten Studie läßt sich von der Studiengruppe auf Grund der Konstellation keineswegs auf die Allgemeinheit schließen.
Auch in 2020 gab es bereits eine Studie an der Oxford University8. Damals lag die Inzidenz für eine psychiatrische Diagnose (Angststörung, Schlafstörung und Demenz) nach einer auf Covid-19 basierenden Krankheit bei 18,1% vovon nur 5,8% eine Erstdiagnose darstellten. Stress, Angst aber auch psychische Vorerkrankungen sind auch lt. dieser Studie mögliche Ursachen.
Die eklatant höhere Rate an Schlafstörungen in der Veteranengruppe gegenüber der Gruppe in der Oxfort-Studie scheint mir eher ein Beleg dafür zu sein, dass eine Erkrankung durch Covid-19 Infektion bereits vorhandene schlafende oder präsente psychische Muster und Prägungen wieder aktiviert oder unterstützt.
Somit gilt für auftretende Schlafstörungen nach Covid-19 Erkrankung wie bei anderen Krankheiten auch, in der Therapie, bei Schlaf-Coachings wie auch bei ChronoCoachings vor allem zu klären, inwieweit zum einen bereits vor der Erkrankung durch den Virus Themen wie PTBS, Angststörungen, Depressionen vorlagen, auch wenn sie bereits überwunden zu sein schienen. Des weiteren gilt es herauszufinden, ob ggfs. das psychische Erleben der Krankheit begleitet von den medialen Begleitung der Pandemie eine Rolle bei den Schlafstörungen spielen kann.
Michael Wieden beschäftigt sich als Betriebswirt seit 2002 mit der Chronobiologie im Personalmanagement. Schon 2003 hielt er hierzu seinen ersten Vortrag auf einer Veranstaltung der INQA (Initiative der neuen Arbeit).
Zu den Themen „Chronobiologie im Personalmanagenement“ sowie mobilen Arbeitsformen hat er bereits Bücher geschrieben, und dabei den Begriff „Liquid Work®“ geprägt.
Zusammen mit Claudia Garrido Luque gründete er 2014 die aliamos GmbH und berät seit dem Kommunen, Unternehmen und Kliniken zum Betrieblichen Gesundheitsmanagement. Von 2012 bis Ende 2016 war er externer Wirtschaftsförderer für die Stadt Bad Kissingen und Initiator des weltweit einzigartigen Projektes „ChronoCity – Pilotstadt Chronobiologie“. Zu ChronoCity®, Chronobiologie-Themen und mobilen Arbeitsformen trat er wiederholt als Experte in verschiedenen Fernsehformaten (z.B. TerraX, Planet Wissen, W wie Wissen, Xenius etc.) auf. Zudem war er von 2014 bis 2017 Mitglied des Arbeitskreises „Zeitgerechte Stadt“ der ARL – Akademie für Raumforschung und Landesplanung in Hannover.
Aktuell hält er Vorträge zum Thema „Chronobiologie im Personalmanagement“ und „Mobile Arbeitsformen“, und berät Unternehmen bei der Umsetzung chronobiologischer Ansätze in Unternehmen und Kliniken.
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